Die regulatorischen Anforderungen an nachhaltige Finanzprodukte steigen. Nach der „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ (SFDR), müssen Finanzmarktteilnehmer und damit auch die Manager von Immobilienfonds seit 2021 produkt- und unternehmensbezogene Transparenzpflichten erfüllen. Zu den produktbezogenen Pflichten gehören insbesondere Angaben zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken bei Investitionsentscheidungen. Die SFDR unterscheidet drei Arten von Finanzprodukten:
Artikel 6 Finanzprodukte ohne Nachhaltigkeitsmerkmale
Artikel 8 Finanzprodukte, die Nachhaltigkeitsmerkmale bewerben beziehungsweise fördern
Artikel 9 Finanzprodukte, die ein nachhaltiges Investitionsziel verfolgen
Eine weitere Verordnung enthält standardisierte Vorlagen, die verpflichtend für die vorvertragliche und regelmäßige Information zu Artikel-8- und Artikel-9-Produkten einzusetzen sind. Regelmäßig ist unter anderem darüber zu berichten, inwiefern die jeweiligen Nachhaltigkeitsmerkmale erfüllt oder nachhaltige Investitionsziele erreicht wurden. Zudem sind für Artikel-8- und Artikel-9-Produkte sogenannte Taxonomiequoten nach der EU-Taxonomieverordnung anzugeben, die den Anteil ökologisch nachhaltiger Investitionen an den Gesamtinvestitionen des Finanzproduktes beziffern.
Neben der Einführung entsprechender Datenerhebungs- und Berichterstellungsverfahren müssen die Anforderungen der SFDR in weitere Verfahren, beispielsweise für Due Diligence, Risiko- und Compliance-Management oder interne Revision, sowie in die schriftlich fixierten Ordnungen der Anbieter nachhaltiger Finanzprodukte integriert werden.
Die Einhaltung dieser Pflichten wird durch die BaFin überwacht. Sofern kommunizierte positive Nachhaltigkeitsmerkmale und -wirkungen nicht einwandfrei nachgewiesen werden können, lösen Artikel-8- und Artikel-9-Produkte darüber hinaus reputative und rechtliche Risiken aus (Stichwort: Greenwashing). Klar ist:
Insgesamt stellen die Vermögen nachhaltiger Fonds mittlerweile 59 Prozent des Gesamtmarktes in Europa dar¹. Zum Ende 2023 entfielen 55,5 Prozent der Fondsvermögen dabei auf Artikel-8-Produkte und lediglich 3,5 Prozent auf Artikel-9-Produkte. Nachhaltige Investmentprodukte sind somit fest am europäischen Kapitalanlagemarkt etabliert. Gleiches gilt für den deutschen Immobilienfondsmarkt. Die Statistik des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) weist unter der Rubrik „Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen“ 23 offene und einen geschlossenen Immobilienfonds aus (Stichtag 30.11.2023)². Alle 24 Fonds sind als Artikel-8-Produkte deklariert. Das Fondsvermögen nachhaltiger offener Immobilienfonds hat mittlerweile einen Anteil von fast 40 Prozent am deutschen Markt für offene Immobilienfonds erreicht³.
Für eine fundierte Beurteilung von Performanceunterschieden zwischen nachhaltigen und sonstigen Immobilienfonds reicht der verfügbare Betrachtungszeitraum 2021 bis 2023 kaum aus. Gemäß einer Untersuchung der Intreal Solutions und der Universität Regensburg zeigen schon Artikel-8-Immobilienfonds zu Beginn des Fondszyklus knapp zwei Monate früher positive Renditen als Artikel-6-Immobilienfonds⁴. Nachhaltigkeit und Rendite schließen sich also nicht, wie oft behauptet, aus.
Die EU hat das Ziel, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, für rechtsverbindlich erklärt. Neu gebaute Immobilien sollen ab 2030 und der Gesamtgebäudebestand in der EU bis 2050 klimaneutral sein. Da Gebäude etwa 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verursachen, steht der Immobiliensektor unter erheblichem Anpassungsdruck. Um diesem gerecht zu werden, spielt auch das Thema Mobilität im Kontext der Immobilie eine große Rolle.
Die EU-Taxonomieverordnung gibt für die Wirtschaftstätigkeit „Installation, Wartung und Reparatur von Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Gebäuden (und auf zu Gebäuden gehörenden Parkplätzen)“ technische Bewertungskriterien vor, anhand derer beurteilt werden kann, ob die Tätigkeit einen wesentlichen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel leistet (solange die Gebäude nicht für die Gewinnung, Lagerung, Beförderung oder Herstellung fossiler Brennstoffe bestimmt sind). Werden diese erfüllt, ist die Wirtschaftstätigkeit taxonomiekonform, sodass damit verbundene Aufwände positiv auf ausgewiesene Taxonomiequoten wirken. Im Kern geht es dabei um den Nachweis, dass die physischen Klimarisiken, die für diese Wirtschaftstätigkeit wesentlich sind und durch eine robuste Klimarisiko- und Vulnerabilitätsbewertung ermittelt wurden, zum Beispiel durch die Installation von E-Ladesäulen erheblich reduziert werden.
E-Ladesäulen und die für Elektromobilität vorhandene Infrastruktur sind dabei aber nur ein Kriterium für die Nachhaltigkeit. Eine weitere wichtige Rolle wird, mehr denn je, die Lage der jeweiligen Immobilie spielen. Insbesondere nachhaltig modernisierte Objekte in urbanen Lagen mit gutem Anschluss an die ÖPNV-Infrastruktur werden positive Taxonomie-Effekte erzielen und einen echten Beitrag zur Klimaneutralität leisten.
1) Vgl. Morningstar Direct. Vermögen per Dezember 2023. Basierend auf SFDR-Daten, die aus den Prospekten von 97,8 Prozent der in der EU zum Verkauf zugelassenen Fonds erhoben wurden – exklusive Geldmarktfonds, Dachfonds und Feeder-Fonds
2) Vgl. https://www.bvi.de/extranet/statistik/bvi-statistik-abfragen/fonds-mit-nachhaltigkeitsmerkmalen
3) Eigene Berechnung auf Basis der BVI-Statistik
4) Vgl. https://www.intreal.com/de/media/intreal-news/erste-performanceanalyse-artikel-8-fonds-erzielen- am-anfang-des-fondszyklus-schneller-positive-renditen-als-artikel-6-fonds
Sebastian Hartrott ist COO bei der ehret+klein AG.
Dr. Daniel Pehle berät als Salary Partner bei Mazars Immobilienunternehmen, Investoren und Finanzdienstleister bei der Umsetzung regulatorischer ESG-Anforderungen sowie bei der Identifikation und Umsetzung von Wertsteigerungschancen im Kontext Nachhaltigkeit.