Downtown als Sinnstifter

Wie planen wir grünere Zen­tren? Dieser Fach­beitrag erläutert, wie die Digi­tali­sierung den Ent­wick­lern dabei helfen kann. Stadt­planung wird trans­parenter – und inte­grativer.

Jürgen Notz

Die Innenstadt ist das Herzstück jeder Stadt. Hier pulsiert das Leben, hier kommen die Menschen zusammen, um zu arbeiten, einzukaufen und Zeit miteinander zu verbringen. Doch die Innenstadt steht heute vor zahlreichen großen Herausforderungen. Hohes Verkehrsaufkommen, dysfunktionale Nutzungsmixe, Verödung, fehlender Wohnraum (vor allem bezahlbar) und ein mangelndes Kulturangebot sind nur ein paar der sichtbarsten Schwierigkeiten der Innenstadt.

Manchmal frage ich mich, wozu es die Innenstadt eigentlich noch braucht. Während der Besuch der Memminger Innenstadt für mich als Kind einen aufregenden Ausflug bedeutete, ist die City als Wahlstädter in München für mich nicht mehr ergleichbar attraktiv. Sollte ich mich dennoch an einem Samstagnachmittag zu einem Parcours durch die gehetzte Menge zwischen Marienplatz und Stachus hinreißen lassen, kehre ich anschließend erschöpft und gestresst nach Hause zurück. Das befriedigende Gefühl, flaniert zu haben, um Neues zu entdecken, das Lustgefühl des Konsums bleibt aus. Ich sehne mich nach einer lauschigen Ecke, eine Parkbank würde schon reichen. Was ist nur los mit der Innenstadt?

Ohne Frage, meine Bedürfnisse haben sich geändert. Aber es ändert sich auch etwas in der Wahrnehmung der Menschen insgesamt. Die Innenstadt, die früher neue Trends gesetzt hat, Mode vorgeführt hat, die es woanders nicht gab, und mit dem Angebot gelockt hat, die vielfältigsten Konsumgüter aus aller Welt auf einem Fleck zu präsentieren, tut sich in Zeiten von Onlinehandel, Inflation und Pandemie schwer. In München mag das auf grund des Tourismus noch einigermaßen funktionieren. Aber wie viele andere Bereiche unserer Welt (Unternehmen zum Beispiel) muss sich auch die Innenstadt die Frage gefallen lassen, was eigentlich ihr „Purpose“ ist. Diese Fragen stellen sich die Menschen, die dort hingehen; die Innenstadt sollte entsprechende Antworten parat halten. Immer öfter denke ich: „Gebt die Innenstadt den Bürgern der Stadt zurück!“ „Find your why“, liebe Innenstadt!

Nur, was will ich denn eigentlich genau? Ich will eine Innenstadt, die Identität stiftet, die sich Innovation traut und die Treffpunkte ohne Konsum anbietet. Eine Innenstadt, die einen vielfältigen, lokalen Einzelhandel fördert, die aber auch die Kulturschaffenden der Stadt sichtbar macht – und die nachhaltige Bauideen umsetzt. Inspirieren soll sie mich.

Begrünt die Plätze! Gebt den lokalen Künstlern Nutzungsflächen in den Kaufhäusern! Schafft Räume, in denen sich die vielfältigen enschen einer Stadt wirklich begegnen! Holt Bildungsangebote in die Innenstadt! Nutzt dieselben Flächen mehrfach, abhängig von der Tageszeit! Macht die Stadt durch einen innovativen Nutzungsmix divers und krisensicher!

Das „New Downtown“ muss wieder ein Sehnsuchtsort werden, der die Menschen inspiriert, der Vorreiter für spannende Entwicklungen ist, der Sinn stiftet und der Mut für die Zukunft gibt. Damit es irgendwann wieder heißt: „Die Stadt gehört wieder mir!“

Jürgen Notz ist Gründer und Geschäftsführer von e+k upcycle, einer e+k-Tochterfirma mit Fokus auf Nachhaltigkeitsstrategien. Zuvor leitete er die Unternehmensentwicklung des Unternehmens.

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