Wenn ich mich mit anderen Branchenteilnehmern über Immobilieninvestmentlagen in Deutschland unterhalte, dominieren oft A-Standorte das Gespräch: Frankfurt, München, Hamburg oder Berlin. Doch wer sich derzeit mit dem Gedanken auseinandersetzt, dort zu investieren, sieht sich mit einem bekannten Dreiklang konfrontiert: begrenztes Angebot, exorbitantes Preiseinstiegsniveau und geringe Renditeaussichten – und das über alle Assetklassen hinweg.
Die deutsche Immobilienbranche hat meines Erachtens jüngst die wirtschaftliche Talsohle durchschritten und befindet sich nun vor dem lang ersehnten Marktaufschwung. Parallel beobachte ich einen sozioökonomischen Wohn- und Lebenswandel in unserer Gesellschaft. Der Hype um das Leben in der großen Stadt ebbt deutlich ab – der Großstadt-Lifestyle ist für viele Menschen einfach nicht finanzierbar. Für die Entscheidung, seinen Lebensmittelpunkt in die B- und C-Standorte dieser Republik zu verlagern, sprechen vor allem die immer weiter voranschreitenden Infrastrukturentwicklungen und die Nähe zur Natur. Die Frage, die sich damit stellt, lautet: Welche Investment-Chancen leiten sich daraus ab? Geht es nach mir, sind B- und C-Städte die hidden champions. Die Zeiten von „„Trophy-Buildings” und „„Landmark-Objekten” sind dagegen eher vorbei. Wer also heute finanziell sein Vertrauen in „„kleinere” Städte setzt, wird nicht enttäuscht – ganz im Gegenteil.
Was früher als zweite oder gar dritte Reihe galt, ist heute das Rückgrat regionaler Wirtschaftsräume: Mittelstädte wie Rosenheim, Ulm, Bamberg oder Karlsruhe werden durch smarte Infrastrukturpolitikansätze auf der einen und durch die Rückbesinnung auf lokale Lebensqualitäten auf der anderen Seite für die Menschen in unserem Land immer attraktiver. Wir alle sind während der Coronapandemie zu einer wichtigen Erkenntnis gelangt: Der Wohnort verliert durch Homeoffice seine einstige Abhängigkeit vom Arbeitsort. Die Menschen wollen bezahlbaren Wohnraum in Verbindung mit naturnaher Lebensqualität – und Investoren können genau dieses Zielbild erfüllen. Wer frühzeitig auf wirtschaftlich, sozial und kulturell prosperierende Standorte setzt, sichert sich attraktive Einstiegspreise, Wertstabilität und die Chance auf Wachstum –, und das auch zu Zeiten, in denen die Gesamtwirtschaft stagniert. Die Ankaufspreise liegen deutlich unter denen der Top-7-Städte, was nicht nur das Risikoprofil verbessert, sondern auch Spielraum für ESG-konforme Revitalisierungen und Neuentwicklungen schafft. Vor dem Hintergrund der immer stärker werdenden Regulatorik durchaus ein wichtiges Kriterium für institutionelle Anleger und für Privatanleger.
Was trifft also den Zeitgeist und das Interesse eines Fondsinitiators? Impact Investing ist das Stichwort. Investoren, ob institutionelle oder Privatanleger, fragen zunehmend nach dem Wirkungsaspekt ihrer Kapitalanlage. In B- und C-Städten bedeutet das: leer stehende Objekte in der Innenstadt modernisieren und mit Leben füllen, Nahversorgung sichern und im partnerschaftlichen Miteinander mit Städten, Gemeinden und Kommunen (bezahlbaren) Wohnraum schaffen. Gerade für regulatorisch geprägte Nachhaltigkeitsfonds ergibt sich hierbei ein ideales Wirkungsfeld: Man investiert nicht in gesättigte Märkte, sondern in reale Städtetransformationen. Wir bei ehret+klein haben uns deshalb bewusst für eine Investmentstrategie entschieden, die kleinere Städte in den Mittelpunkt stellt. Wir verstehen uns nicht als reine Entwickler, sondern als Transformatoren urbaner Potenziale. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit Städten, Gemeinden und Kommunen sowie mit Bürgern und Investoren Immobilienprodukte zu gestalten, die wirtschaftlich rentabel sind, aber gleichzeitig auch einen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen.
Mein Fazit: Die Zukunft des Immobilieninvestments entscheidet sich weniger in den Wolkenkratzern der Metropolen, sondern eher in den Fußgängerzonen, Bahnhofsarealen und Zentren an B- und C-Standorten. Sie sind kein Notnagel für Zeiten stagnierender Core-Märkte, sondern ein renditestarkes Immobilieninvestmentfeld der Zukunft.
Der studierte Jurist Sebastian Hartrott ist Vorstand und Chief Operating Officer (COO) bei ehret+klein.