Was hat das Thema Finanzen in urban matters zu suchen, wo das übergeordnete Credo von ehret+klein doch ist, dass eine Immobilie kein Handelsgut ist? Fragen wie diese werden mir oft gestellt, zuletzt auch wieder auf einem Panel im Rahmen der Expo Real, in dem es um das Fondsmarktstärkungsgesetz und das Fondsangebot in Deutschland ging. Um eine Antwort auf die Frage zu finden, muss man verstehen, dass Immobilien schon per se nicht den Charakter eines Handelsguts haben. Finanzen und Immobilien bilden daher auch keinen Widerspruch – ganz im Gegenteil. Der, wenn wir so wollen, „wahre“ Charakter einer Immobilie – und ihr langfristiger Nutzen – liegt in der Art, wie sie vom Mieter und Eigentümer genutzt wird. Wir leben mit Immobilien, Immobilien werden von uns ge- und belebt. Funktioniert dies, dann hat eine Immobilie ihren Wert. Und zwar langfristig. Wenn nicht, ist sie nur nutz- und wertloser Stein.
Immobilien sind, neben sogenannten liquiden Anlagen, gängiger Bestandteil vieler Anlageportfolien. Genau das entspricht schließlich auch dem Gedanken der von dem Ökonomen Harry M. Markowitz im Jahr 1952 aufgestellten modernen Portfoliotheorie. Das wichtigste Resultat dieser Portfoliotheorie ist die Risikodiversifikation: Es existiert für jeden Investor ein sogenanntes optimales Portfolio aus allen Anlagemöglichkeiten, das dessen Risiko-Chancen-Profil bestmöglich abbildet. Die Umsetzung der Portfoliotheorie erfolgt mit beliebigen liquiden und illiquiden Anlageprodukten wie Einzeltiteln, ETFs oder Fonds, welche die Allokation je nach Wahl aktiv oder passiv abbilden. Immobilien können dabei als Direktinvestment oder als indirektes Investment Teil des Portfolios sein.
Kann oder möchte ein Anleger nicht direkt investieren, macht er das indirekt, nämlich über einen Immobilienfonds. Ein Immobilienfonds ist nichts anders als ein sozialisiertes Immobilieninvestment. Für Immobilienfonds und deren Verwalter hat der Gesetzgeber mit der Einführung des Kapitalanlagegesetzbuchs im Jahr 2013 klare gesetzliche Vorgaben geschaffen und sie der Finanzaufsicht unterstellt. Im Diktum des Gesetzgebers spricht man seitdem auch nicht mehr von Immobilienfonds, sondern von Alternativen Investmentfonds (AIF). Sie sind also keine Aktien oder Wertpapierfonds, sondern investieren in alternative Anlagen, wie zum Beispiel regenerative Energien oder eben Immobilien. Mit der Regulierung sind die „Sicherheitsstandards“ zugunsten des Anlegers seitdem deutlich gestiegen.
Inzwischen hat sich der Markt für Fonds signifikant ausdifferenziert. Es existieren für unterschiedliche Anlagebedürfnisse jeweils maßgeschneiderte Variationen. So unterscheidet man offene von geschlossenen Fonds, Publikums- von Spezialfonds. Bei offenen Fonds bilden das eingelegte Kapital der Anleger das sogenannte Sondervermögen. Zu erwähnen ist außerdem der European Long-Term Investment Fund (ELTIF). Seit 2015 bietet dieses Finanzinstrument auch Privatanlegern die Möglichkeit, in Infrastruktur und andere langfristig orientierte Sachwerte zu investieren. Mit dem Fondsmarktstärkungsgesetz, das seit Juli als Referentenentwurf existiert, werden ELTIFs und auch geschlossene AIFs, die künftig als Sondervermögen angeboten werden soll, an Attraktivität gewinnen.
Für uns bei ehret+klein bilden Immobilienfonds einen integralen Bestandteil unserer Aktivitäten. Und das hängt genau mit dem obigen Verständnis als langfristig gelebtes Projekt zusammen. Weil nämlich Immobilien keine Handelsgüter sind, sollten sie nach der Portfoliotheorie – unabhängig von kurzfristigen Marktzyklen – Bestandteil eines modernen Anlageportfolios sein. Ihre Langfristorientierung ebenso wie ihre starke sozial-gesellschaftliche Verankerung machen sie zu einem risikoaversen Produkt. Daher macht es Sinn, nicht nur Immobilien, sondern auch Immobilienfonds anzubieten.
Der studierte Jurist Sebastian Hartrott ist Vorstand und Chief Operating Officer (COO) bei der ehret+klein AG.